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Nachfolgend das von mir am 06.10.2004 der Leserbriefredaktion der FAZ eingereichte, in dieser Form nicht veröffentlichte Original. Den veränderten Text meines Leserbriefs, der am 28.10.2004 veröffentlicht wurde, finden Sie unter der Rubrik “Leserbriefe” auf meiner Internetseite.
Leserbrief zu “Kein Recht auf Rückgabe”, FAZ vom 04.10.2004
Der Leserbrief von Andreas Pesch “Kein Recht auf Rückgabe” in der FAZ vom 04.10.2004 enthält eine Fülle von Einzelheiten mit erheblichem Erörterungsbedarf. Ich möchte mich auf eine kritische Anmerkung zu einer einzigen Aussage beschränken, nämlich:
“Der Beschluß der Sejm verweist eher darauf, wie unhaltbar jegliche Entschädigungsforderungen von Deutschen sind, wie schwer auch immer das individuell erlittene Unrecht wiegen mag: Zerstörung und Leid, das Deutsche zu Recht oder zu Unrecht im Zweiten Weltkrieg erfahren haben, ist nun einmal die Folge eines Aggressionskriegs, der von Deutschland ausging.”
Die Aussage enthält einen exemplarischen Denkfehler. Ihr Kern ist: Wie schwer das erlittene Unrecht auch wiegen mag, das Deutsche zu Recht oder zu Unrecht im zweiten Weltkrieg erfahren haben, ............................”. Deutschen wäre also von den Siegermächten zu Recht Unrecht angetan worden ?? Unrecht kann nicht zugleich Recht sein. Unrecht kann nicht zu Recht zugefügt werden. Es kann eine Sache nicht gleichzeitig richtig und falsch sein (“Satz vom Widerspruch”). Etwas zu bejahen und zugleich zu verneinen, ist ein klarer Verstoß gegen diesen. Das Deutschen von den Siegermächten zugefügte Unrecht bleibt Unrecht und ist – wie NS-Unrecht - durch nichts zu rechtfertigen. Selbst der Mord an einem Mörder bleibt ein Mord und somit Unrecht. Bezeichnenderweise tritt dieser “Denkfehler”, sei es bei ausländischen, sei es bei deutschen Politikern und Repräsentanten anderer Art, grundsätzlich nur in gegen Deutsche und Deutschland gerichteten Äußerungen auf. Wo war zu hören oder ist zu lesen, z.B. Russen, Polen, Tschechen, Franzosen oder Serben sei – von wem auch immer – zur Recht Unrecht zugefügt worden? Der “Denkfehler” ist nichts anderes als der auf Dauer sicher untaugliche Versuch, sich am Eingeständnis schwerer Schuld auch bei den Siegermächten vorbeizumogeln. Die nach gleichem Schema ablaufenden deutschen Selbstbezichtigungsbeschwörungen sind nicht nur genauso falsch sondern weisen zusätzlich mitunter geradezu psychotisch anmutende Wesenszüge auf.
Der “Denkfehler” und seine Handhabung haben eine ganze Epoche geprägt. Sie ist gekennzeichnet durch eine perverse Doppelmoral, die im Zusammenhang mit der Vertreibung schon Papst Pius XII. in den Jahren 1945, 1946 und 1947 gebrandmarkt hat (nachzulesen im Leserbrief Prof. Dr. J.J. Menzel, FAZ vom 25.10.2003). Die andauernde einseitige Schuldzuweisung an die Deutschen (Tätervolk, Kollektivschuld, Kollektivscham, Kollektivverantwortung etc.) und die Selbstbezichtigung durch Deutsche sind die Perpetuierung des “Denkfehlers”: Eine schlechte Basis für Versöhnung, Aussöhnung, Frieden, Völkerverständigung und Europäische Einigung.
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